Sehr geehrte Frau
Merkel,
im Bezug auf
meinen gestrigen offenen Brief an Sie möchte ich zwei Konzepte klären, damit
sie auch für Menschen ohne Fachkenntnisse klar verständlich werden. Auch dieser
Brief ist offen für jedermann zugänglich in ellabuchenwald.blogspot.com.
Spaniens
Regierung projiziert die eigene innere psychische Realität. Was heiβt das?
Die spanische Regierung und die Opposition der katalonischen Regierung werfen dieser undemokratisches Verhalten vor. Doch ist es undemokratisch, das Mandat, für das man gewählt wurde, durchzuführen, in diesem Fall ein Referendum, also eine Volksbefragung, ein Mittel der Demokratie? Ist es demokratisch, ein Referendum verhindern zu wollen durch hinterlistige Gesetzmacherei, Intervention der Finanzen, Verhaftung gewählter Repräsentanten des Volkes, Androhung von Höchststrafen, Aufhetzung der Bevölkerung durch falsche und tendenziöse Berichterstattung, durch Behinderung anderweitiger Berichterstattung, durch Polizei- und Militärgewalt?
Verschiedene
Sprecher des spanischen Regierung, z.B. Herr Hernández, und der katalanischen
Opposition, z. B. Frau Arrimadas, beschimpfen die katalanische Regierung als
Nazis und Faschisten. Frau Arrimades bezeichnete das, was sie den katalanischen
Nationalismus nennt, als das schlimmste Beispiel von Nationalismus in Europa in
den letzen Jahrhunderten. Tatsächlich dreht es sich bei der katalanischen
Bestrebung nach Selbstbestimmung um keinerlei Nationalismus, sondern einzig und
allein um das Bestreben, die eigenen Belange selbst bestimmen zu können. Es ist
gegen niemanden gerichtet, auch nicht gegen Spanien. Diese Vergleiche stellen
eine unverzeihliche Banalisierung des Leidens der Opfer des Nationalsozialismus
und Faschismus dar, zeigen aber die wahre Gesinnung derer, die sie aussprechen.
In all den Jahren, in denen das Thema der katalanischen Selbstbestimmung im
Gespräch ist, hat es ihrerseits keinen einzigen konstruktiven Vorschlag zur
Lösung des Problems gegeben, nichts als Verleugnung, Verleumdung, Lächerlichmachung,
Angriffe. Eindeutig fühlen diese Menschen sich bedroht, doch die Bedrohung
besteht in ihrer eigenen inneren Haltung. Da diese Haltung unbewuβt ist, können
sie nicht erkennen, daβ die Bedrohung, die sie als von der katalanischen Bestrebung
nach Selbstbestimmung ausgehend wahrnehmen, tatsächlich eine Projektion der
eigenen Haltung ist.
Die drei
ursprünglichen Anklagepunkte gegen die 14 verhafteten Volksvertreter,
Rechtsbeugung, Ungehorsam und Veruntreuung öffentlicher Mittel, treffen einzig
und allein im Zusammenhang mit einem 2015 im Expressverfahren durchgeboxten Verfassungszusatz
zu, dessen einziger Zweck eben dieser war: die katalanische Bestrebung nach
Selbstbestimmung zu unterdrücken. Andererseits treffen alle drei Punkte voll
und ganz auf das Verhalten der spanischen Regierung zu: das Recht wurde gebeugt,
um es als Handhabe gegen die katalanische Bestrebung nach Selbstbestimmung zu
benutzen; internationale Pakte und Bestimmungen der eigenen Verfassung wurden
nicht beachtet, um auf keinen Fall der katalanischen Bestrebung nach
Selbstbestimmung Raum zu gewähren; Unmengen öffenlicher Mittel flieβen in das
Polizeiaufgebot, das die katalanische Bestrebung nach Selbstbestimmung unterdrücken
soll. Doch die Veruntreuung öffentlicher Mittel seitens der spanischen
Regierung geht noch viel weiter. Die europäische Gemeinschaft täte gut daran,
einen näheren Blick auf die Verwendung europäischer Mittel in Spanien zu
werfen.
Unbewuβte Schuld
entsteht, wenn man sein Verhalten darauf ausrichtet, einen Vorteil auf Kosten Anderer zu bewirken, und so dem Gemeinwohl schadet. Selbst wenn man
sich voll im Recht fühlt, wie all die Menschen, die sich auf Rechtsstaat und
Verfassungstreue berufen, oder wie früher auf Vaterlandstreue, besteht eine
Schuld, wenn man alles daran setzen, das eigene Schäfchen auf Kosten anderer ins
Trockene zu bringen. Auch mit Spanien wird ein selbstverwaltetes Katalonien bessere
Verhältnisse herstellen können als unter der spanischen Fuchtel. Ein anderes
Beispiel wäre ein internationaler Gerichtshof, der Konzernen die Möglichkeit bietet,
Staaten zu verklagen, wenn sie durch Umweltschutzbedingungen ihren Profit
kürzen; wenn dieser Gerichtshof dem Konzern recht gibt, macht sich sowohl der
Konzern als auch der Gerichtshof schuldig. Da wir uns ja aber in der Arena des
Rechtstaates befinden, fühlt man sich gerechtfertigt und weiβ nichts von der
eigenen Schuld. Doch die Schuld besteht und wird unterschwellig auf die eine
oder andere Art ihren Preis fodern durch Krankheit, Versagen, Erfolglosigkeit, Bankrott,
Einsamkeit, Bezugslosikeit, Zerstörung der Umwelt und des eigenen Innenlebens, auf
individueller sowohl als auch auf kollektiver Ebene.
Im Zusammenhang
mit den Kriegen und Diktaturen des 20. Jahrhunderts lastet die Schuld
derjenigen, die sich gegen das Gemeinwohl der Menschheit vergangen haben,
auch auf deren Nachkommen, auch noch in
zweiter und dritter Generation, ob sie sich dessen bewuβt sind oder nicht. Wenn
man diese Schuld anerkennt, kann man die nötigen Schritte unternehmen, um die
geschädigte Beziehung zu reparieren. Unterschwellige Sühne durch Leiden ist
unmöglich, denn sie lähmt und führt dazu, sich noch weiter von der verletzten
Beziehung zurückzuziehen. So wird Schuld verewigt. Der einzige Weg eine Schuld
zu bereinigen, ist es, sie zuzugeben und den angerichteten Schaden soweit wie
möglich zu beheben.
Die Haltung der
spanischen Regierung und der Anstieg der rechtsradikalen Stimmen im deutschen
Volk sind Symptome der selben Tendenz, die zu nichts als Leiden führt. Die
katalanische Regierung liefert uns ein wunderbares Beispiel, wie eine Vielzahl
verschiedener Ansätze gemeinsam zur Durchführung schwieriger Unternehmen zusammenarbeiten
und alle Schwierigkeiten überwinden kann. Statt schulmeisterhaft den Zeigefinger
zu erheben, sollten Regierungen überall sich zusammensetzen und von diesem
Beispiel lernen.
Mit freundlichen
Grüβen,
Brigitte Hansmann
Angewandte Sprachwissenschaften
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Strukturelle Integration
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